Vor Kurzem standen ihnen noch nahezu alle Türen offen und heute sind viele von ihnen existenziell verunsichert. Gemeint ist die Generation Z. Die einst so sehr umschwärmte jüngere Alterskohorte der Digital Natives kommt in der Pandemie seit fast 2 Jahren kaum zu Wort. Es wird höchste Zeit, dass sich daran etwas ändert. Doch damit diese ihre jahrelang propagierte Optionenvielfalt sinnstiftend nutzen können, brauchen junge Leute jetzt vor allem eines: Feste „Fahrrinnen“ für ihre Lebensentwürfe. Wenn der Staat dies nicht zu leisten vermag, stehen umso mehr die Unternehmen in der Verantwortung.
Hoffnungsträger oder zur Bedeutungslosigkeit verdammt?
Was Recht ist und was nicht, ist stets Abwägungssache. So kommt es in der Geschichte immer wieder zu Entscheidungen, die sich erst im Nachhinein als suboptimal herausstellen. Auch die Pandemie und die damit verbundenen Eindämmungsversuche hinterlassen bei manchen Menschen nachhaltigere Spuren als bei anderen. Wie einschneidend diese Eindrücke wirklich sind, ist noch nicht abzusehen. Doch es ist zu vermuten, dass insbesondere diejenigen Menschen, die ihren beruflichen und privaten Lebensmittelpunkt noch nicht gefunden haben, besonders vulnerabel sind. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem Kinder, Jugendliche, Studierende und Berufseinsteiger. Es ist paradox, dass gerade jene Alterskohorte, welche die Zukunft Deutschlands am meisten prägen wird, sich in der Krise bisher noch kaum Gehör verschaffen konnte. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich die stark umschwärmte Generation Z im Überfluss der Möglichkeiten wähnen konnte. Viele Arbeitsplätze und Entwicklungschancen sind Corona-bedingt weggefallen. Und ihr Klagen scheint keine Lobby zu finden. Kein Wunder also, dass in der repräsentativen Studie „Jugend in Deutschland“ von Ende 2021 40 Prozent der befragten 14- bis 29-Jährigen angaben, dass sich ihre psychische Gesundheit seit Pandemie-Beginn verschlechtert habe.

Jede Generation steht vor anderen Herausforderungen. Im Sinne von Gertrude Stein gibt es aus den verschiedensten Gründen sicherlich mehr als nur eine „génération perdue“ bzw. „verlorene Generation“. So waren es beispielsweise, als Corona auch hierzulande ausbrach, zuallererst die jungen Leute, die reihenweise ihre Jobs verloren – und zwar deswegen, weil man in Krisen-Zeiten eher erfahreneren Mitarbeitern vertraute. Doch macht dies die junge Generation Z natürlich nicht gleich zu einer „Lost Generation“. Schließlich sind es doch gerade die vielversprechenden jungen Digital Natives, die durch digitale Fitness, Ethos und Formbarkeit das Potenzial haben, die Herausforderungen der Zukunft mit innovativem Geist anzugehen. Doch wie soll ihnen dies gelingen, wenn es ihnen an Handlungsspielräumen, Vertrauen in sich selbst und Zuwendung vonseiten der Gesellschaft mangelt? Wir sollten dem jungen Nachwuchs daher so schnell wie möglich das nötige Handwerkszeug beibringen, damit dieser seine Ideen produktiv in die Gesellschaft einbringen kann. Das heißt, wir sollten ihm nicht nur berufliche Chancen und vor allem Future Skills vermitteln, sondern ihm auch neue Möglichkeiten der privaten Lebensgestaltung aufzeigen. Vermag die Politik dies nicht zu leisten, sollten umso mehr die Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen.
Von der Repräsentationskrise zum Generationenvertrag 2.0
In diesen Tagen fühlen sich viele junge Menschen mehr denn je perspektivlos, verwirrt, vom deutschen Staat vernachlässigt und durch die geltenden Pandemie-Maßnahmen beispiellos ausgebremst. Das einstige Gefühl jugendlicher Leichtigkeit weicht allmählich der Überzeugung, in dieser Pandemie eine bloß unbedeutende Nebenrolle zu spielen. Das einst so berüchtigte „FOMO-Gefühl“ hat indessen ganz neue Dimensionen angenommen. Auch das sogenannte „FOBO-Gefühl“ (englisch für „fear of better options“) wurde allmählich von der Einsicht verdrängt, dass jahrelang kultivierte Ideale für Arbeitswelt und Lifestyle auch nach fast 2 Jahren vorerst nicht realisierbar sind. Diese Erkenntnis beschert vielen jungen Menschen regelrecht ein Wechselbad der Gefühle: Von Enttäuschung, über Resignation und Trauer bis hin zur Wut. Doch sind diese Reaktionen auch ein Zeichen für Energie und Gestaltungswille. Genau hier sollten Unternehmen ansetzen und der Generation Z diese wichtige Botschaft zukommen lassen: „Euch steht immer noch alles offen. Wir zeigen euch, was ihr jetzt tun könnt“. So zum Beispiel sollten die Jüngsten von ihnen bildungstechnisch gefördert werden. Hierfür gibt es unter anderem bereits das vom BMFSFJ gestartete Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Für die Älteren wiederum geht es vor allem darum, erste Berufserfahrungen zu sammeln und Netzwerke aufzubauen.

Anstatt über das vermeintliche Verlorensein der Generation Z zu philosophieren, ist es ratsamer, diese mit konkreten Initiativen zu fördern. Wir sollten den jungen Menschen, die sich doch bisher im Großen und Ganzen vorbildlich an sämtliche Infektionsschutz-Maßnahmen gehalten haben, etwas „zurückgeben“. Wir sollten folglich dem Generationenvertrag eine neue Bedeutungsdimension hinzufügen und uns solidarischer gegenüber denjenigen Menschen verhalten, die in nicht allzu ferner Zukunft maßgeblich über unsere Befindlichkeiten entscheiden werden. Auch Unternehmen sollten erkennen, dass es nun an der Zeit ist, jungen Menschen mehr Gestaltungsspielraum einzuräumen. Ein erster Schritt wäre es daher, auf diese offener zuzugehen und sie zu fragen, welche Anliegen und Bedürfnisse sie überhaupt haben und wie Firmen dem entsprechen können. In einem zweiten Schritt sollten Unternehmen Förder- und Qualifizierungsprogramme anbieten, in denen junge Menschen Praxiserfahrung an konkreten Aufgaben sammeln und sich weiterentwickeln können – sei es schul- oder studienbegleitend oder als Übergang zum Berufseinstieg beispielsweise in einem Trainee-Programm. Auf diese Weise soll diesen nicht nur sukzessive ihre Unsicherheit und Zukunftsängste genommen werden, sondern sie auch dazu befähigt werden, sich nachhaltige Sinnstrukturen aufzubauen. Insbesondere aber sollen junge Menschen sozial eingebunden werden und Fürsprecher bekommen, die endlich für sie und ihre Rechte einstehen.
Wir machen aus Talenten Experten!
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