In zahlreichen Personalabteilungen gilt seit Jahren die Devise: Jobinteressent = Bewerber. Dieses Verständnis stammt jedoch aus längst vergangenen Zeiten, in welchen Arbeitnehmer als Bittsteller auf dem Arbeitsmarkt um die wenigen Jobs wetteifern mussten und Arbeitgeber noch nicht vom Fachkräftemangel geplagt waren, sodass sie relativ uneingeschränkt passende Mitarbeiter auswählen konnten. Der veraltete Fokus vieler Personaler führt nach wie vor zu Prozessen im Personalmarketing und Personalgewinnungsmaßnahmen allgemein, die auf Bittsteller ausgerichtet sind. Dies verhindert häufig, dass aus Jobinteressenten letztlich Bewerber werden. Doch welche Maßnahmen führen aus diesem „Bewerber Dilemma“ heraus?
Jobinteressenten sind keine Bewerber!
Ein Bewerber wünscht sich einen ganz konkreten Job bei einem ganz konkreten Unternehmen. Bewerber sind also Menschen, die sich bereits für eine Stelle und einen Arbeitgeber entschieden haben und unbedingt eine Zusage zum Job haben wollen. Anders sieht es mit Jobinteressenten aus. Sie werden von vielen Personalern standardmäßig als Bewerber bezeichnet, sind aber keine. Das gleiche Prinzip gilt bei einem Kaufinteressenten und einem Käufer.
Das Problem an diesem, leider viel zu häufig grassierenden Denkfehler sind die Prozesse, die sich daraus ergeben. Bewerberprozesse sind selektionsorientiert: Die Bewerber wollen zu mir, also kann ich mir einen aussuchen. Prozesse, die sich an Interessenten richten sind dagegen angebotsorientiert: Ein Interessent muss noch überzeugt werden.

Interessenten müssen überzeugt werden
Jobinteressenten definieren sich durch das Interesse an einem Job bzw. einem bestimmten Berufsbild. Was viele Personaler dabei missverstehen: Selbst wenn Jobinteressenten bereits eine Bewerbung abgeschickt haben, sind sie immer noch reine Interessenten, die mehr vom Unternehmen und der betreffenden Stelle erfahren möchten.
Der Begriff „Bewerber“ suggeriert bereits eine hohe Bindung der bezeichneten Person zum Unternehmen, da diese sich ja vermeintlich beworben hat, weil er oder sie unbedingt bei diesem Unternehmen arbeiten möchte. Doch das kann ein fataler Trugschluss sein. Die Jobinteressenten haben sich vermutlich bei zahlreichen weiteren Unternehmen beworben und wollen hauptsächlich überprüfen, was der aktuelle Arbeitsmarkt für sie zu bieten hat. Darüber sollten sich Personalverantwortliche stets bewusst sein.
Recruitingprozesse müssen angepasst werden
Die intensive Überzeugungsarbeit, die benötigt wird, um aus einem Jobinteressenten einen tatsächlichen Bewerber zu machen, erfordert auch die Anpassung bestehender Recruitingprozesse an dieses Vorhaben. In der Realität ist das eher selten der Fall.

Bei den meisten Unternehmen muss sich ein Jobinteressent erst bewerben, um mehr über das Unternehmen und die angebotene Stelle zu erfahren. Nach dieser „Bewerbung“ wird der Jobinteressent dann automatisch zum Bewerber erklärt und damit aus Sicht des Unternehmens zum Bittsteller, obwohl er oder sie in Wahrheit immer noch „nur“ ein Interessent ist. Auf die Bewerbung eines Jobinteressenten sollte deshalb auch kein klassisches Bewerbungsgespräch folgen, sondern vielmehr ein Kennenlerngespräch mit dem Ziel sich gegenseitig voneinander zu überzeugen.

SPECTRUM Insight: Diese Vorgehensweise verfolgen wir bei SPECTRUM schon seit vielen Jahren. So hat sich das Verhältnis eingehender Bewerbungen zu eingestellten Kandidaten weiter und weiter verbessert. Gerne unterstützen wir auch Sie dabei. Als Talentspezialist machen wir nicht nur aus Interessenten Bewerber, sondern qualifizieren diese anschließend auch noch für Ihre Anforderungen. Erfahren Sie mehr über unsere Leistungen.
Personalmarketing 2021: Die Renaissance der Candidate Journey
In den meisten aktuellen Candidate Journeys suchen Jobinteressenten relevante Informationen wie Arbeitgeberbewertungen oder Gehaltsinfos auf der Karrierewebsite oder in der Stellenanzeige vergebens. Die Suche nach relevanten Informationen ist für den Jobinteressenten sehr mühsam und führt häufig dazu, dass aus Interessenten nie echte Bewerber werden.
Daher ist es für Unternehmen essenziell die eigenen Prozesse im Personalmarketing und die Candidate Journey zu analysieren und radikal nachzubesseren, um langfristig im Wettbewerb um Fachkräfte bestehen zu können.
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