Mit dem Quantencomputer in die Zukunft – Ein großer Player mit vielen Tücken

Quantencomputer Tastatur

Forscher wie Einstein, Heisenberg und Planck haben sie wissenschaftlich geprägt: Die Quantenphysik. So komplex und widersprüchlich sie auch sein mag, für die Mikroelektronik der Zukunft ist sie von höchster Bedeutung. Schließlich haben Quantencomputer das Potenzial, aufgrund ihrer immensen Rechenleistung nahezu jeden Lebensbereich umzukrempeln. Wir sollten uns daher schon jetzt mit dieser Technologie und mit den mit ihr verbundenen Berufsfeldern beschäftigen. Allem Optimismus zum Trotz wird es aber wohl noch etliche Jahre dauern, bis der erste Quantencomputer die Marktreife erlangt.

Quantencomputer: Wir sollten auf alles gefasst sein

In Sachen Leistungsfähigkeit kann man sich einen Quantencomputer beinahe wie ein menschliches Gehirn vorstellen. Die unzähligen darin stattfindenden Prozesse sind bei zahlreichen Denkaufgaben selbst heute noch herkömmlichen Computern weit überlegen. Die Quantentechnologie wird gerade dann spannend, wenn die Anzahl möglicher Lösungswege einer Aufgabe ins Unermessliche steigt. Großkonzerne wie Alibaba, Google, IBM oder Microsoft haben dieses Potenzial bereits erkannt und liefern sich seitdem ein Wettrennen um das beste Quantenprozessor-Modell. Sie wissen, dass jedes zusätzliche Qubit bzw. „Quanten-Bit“ die Rechenleistung eines Quantencomputers verdoppelt und sich diese somit exponentiell steigern lässt. Vom Quantencomputing profitieren könnten letztendlich nahezu alle Lebensbereiche gleichermaßen: Angefangen mit der Optimierung von Batterie-, Big-Data-, Finanzdienstleistungs-, Logistik- oder KI-Lösungen über die verbesserte Prognose von Krankheitsbildern bis hin zu Simulationen jeglicher Art – beispielsweise für die Impfstoff- oder Medikamentensuche. Die Einsatzfelder der Quantentechnologie sind vielseitig, wie auch ein Handelsblatt-Tool zu Quantencomputern zeigt. Doch ist ihre alltagspraktische Umsetzung in vielerlei Hinsicht noch reine Zukunftsmusik. Darüber hinaus bringen Quantencomputer nicht nur Vorteile mit sich, da sie grundsätzlich auch die Bitcoin-Blockchain sowie Verschlüsselungssysteme gefährden könnten.

Banner Resilienz Online-Seminar und Whitepaper

In der Physik versteht man unter einem „Quant“ die kleinstmögliche physikalische Einheit. Quanten sind in einer Welt jenseits von Atomen und Molekülen beheimatet, deren Gesetze von Wissenschaftlern bis heute noch nicht vollständig begriffen werden. Und es sind gerade diese komplexen Gesetzmäßigkeiten, welche Quantencomputer zu ihren größten Vorteilen aber auch zugleich ihren größten Nachteilen verhelfen. So zum Beispiel kann deren Grundrecheneinheit Qubit – anders als Bits in klassischen Computern – gleichzeitig im Zustand „0“ (bei Bits: Strom aus) und im Zustand „1“ (bei Bits: Strom an) sein sowie theoretisch ebenso in unendlich vielen Zuständen dazwischen. Es liegt auf der Hand, dass auf diese Weise für Berechnungen viel weniger Qubits benötigt werden als herkömmliche Bits. Ferner sind durch Qubits sogar Rechenvorgänge in Überlichtgeschwindigkeit möglich. Um ihrer habhaft zu werden, gibt es verschiedene Verfahren: Beispielsweise lassen sich geladene Atome (Ionen) in elektromagnetische Felder bzw. in sogenannte „Ionen-Fallen“ – die auf hochwertigen Nanometer-Chips platziert sind – einsperren, in welchen sie dann in verschiedene Zustände gebracht werden. Doch leider sind Qubits überaus empfindlich. Sie können nur im Vakuum operieren und sind fast bis auf den absoluten Nullpunkt bzw. auf minus 273 Grad Celsius herunterzukühlen. Ferner neigen sie auch bei sonstigen Einflüssen wie etwa Erschütterungen zur Fehleranfälligkeit.

Große Ambitionen und ein langer Weg

Quantencomputer sind keine neuartige Erfindung. Bereits in den 1990er-Jahren gab es erste Modelle mit einer überschaubaren Anzahl an Qubits. Leistungsfähige Quantencomputer der Zukunft brauchen jedoch viel mehr davon und eine deutlich reduzierte Fehleranfälligkeit. Dies ist keine leichte Aufgabe. Schuld daran hat auch die berühmte „Heisenbergsche Unschärferelation“, demnach unter anderem Teilchen an zwei Orten gleichzeitig sein können. Bezogen auf Qubits bedeutet das, dass sich bisher nicht genau sagen lässt, in welchem Zustand sich diese jeweils befinden, bis man sie ausmisst. Um also mit Quantencomputern in absehbarer Zeit effektiv umgehen zu können, brauchen wir eine neue Herangehensweise an das Programmieren. Mehr noch: Ein komplexes Zusammenspiel von Ingenieuren, Physikern und Softwareentwicklern wird hierfür wohl unabdingbar sein. Der Fachkräftemangel spielt uns hier nicht gerade in die Karten. Innovative Recruiting- und Ausbildungsansätze werden in Zukunft noch wichtiger sein als sie es heute schon sind. Da die Quantentechnologie Innovationssprünge auch in Sachen KI ermöglicht, entstehen ferner neue Forschungszweige – wie unter anderem laut Fraunhofer-Gesellschaft das Forschungsgebiet „Quantenmaschinelles Lernen“. Mit derartig neuen Wissensressorts lassen sich langfristig nicht nur mathematisch-kombinatorische Optimierungsprobleme besser lösen, sondern auch Erkenntnisse in der „Post-Quanten-Kryptografie“ generieren. Hier stellt sich nur die Frage, wie Deutschland im internationalen Rennen um Quantencomputer abschneiden wird.

Schnecke mit Deutschlandfahne

Großkonzerne wie Google wissen, dass sie bei der Entwicklung eines leistungsstarken Quantencomputers auf der Hut sein müssen, denn immer mehr Start-ups wie unter anderem D-Wave Systems, Novarion Systems oder Rigetti Computing sind mittlerweile in die Branche eingestiegen. Auch die Bundesrepublik, deren Quantenexperten laut Handelsblatt als führend gelten, hat sich in Sachen Quantencomputing hohe Ziele gesetzt. So soll bereits in 5 Jahren der erste Quantencomputer „Made in Germany“ gebaut werden, verkündete das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Große Hoffnungen werden dabei auch in Zusammenhang mit dem neu gegründeten „Munich Quantum Valley“ gehegt – ein Verbundnetzwerk, welches den Münchener Großraum in Sachen Quantentechnologie, von der Grundlagenforschung bis hin zur Entwicklung marktfähiger Produkte, zu einem international führenden Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort machen möchte. Gelingt dies, so steht uns mit der Marktreife von Quantencomputern ein zugleich nachhaltigeres und optimierteres Leben und Wirtschaften in Aussicht. Bis wir jedoch an diesen Punkt gelangen, wird es wohl noch eine Weile dauern, denn der aktuelle Stand der Technik bringt bisher nur Quantencomputer hervor, die viel zu fehleranfällig sind und eine extreme Kühlung benötigen. Der erste frei programmierbare Quantencomputer wird von Experten daher nicht vor dem Jahr 2030 erwartet.

Wir machen aus Talenten Experten!

Bildnachweise für diesen Beitrag:
236934591 © momius – stock.adobe.com
73162589 © Goodpics – stock.adobe.com

Schreibe einen Kommentar