Bildung nimmt in unserer heutigen Wissensgesellschaft einen zentralen Stellenwert ein – unabhängig vom Lebensalter. Tatsächlich wird die „Schar der Bildungssuchenden“ immer bunter. Vor allem im Bereich der Erwachsenenbildung wächst das Bildungsangebot kontinuierlich. In der ersten Bildungsphase hingegen werden Schülerinnen und Schüler immer noch nach ewiggestrigen Lehrplänen ausgebildet. Die Konsequenz: Viele von ihnen verlieren die Freude am Entdecken und Lernen – eine für das 21. Jahrhundert beunruhigende Entwicklung. Was wir letztendlich brauchen, ist kein Bildungssystem, dass Kinder und Jugendliche zur Leistung zwingt, sondern eines, das individueller auf deren Bedürfnisse eingeht. Denn eine auf Pluralität basierende Gesellschaft braucht schulische Konzepte, die ebenfalls auf Pluralität abstellen. Dazu gehören nicht nur ein hohes Maß an Entfaltungsfreiheit von Bildungseinrichtungen bei allgemein verbindlichen Qualitätsstandards, sondern auch eine bessere finanzielle Ausstattung derselbigen. Schließlich sind es am Ende die Lehrkräfte, die den Bildungserfolg ihrer Schützlinge nachhaltig beeinflussen.
Eine heterogene Gesellschaft benötigt vielgestaltige Bildungsangebote
Bildung lässt Menschen ihre Umwelt mit anderen Augen wahrnehmen. Gleichzeitig ist Bildung ein Menschenrecht laut Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Daher sollte jede Gesellschaft der Errichtung eines qualitativ hochwertigen Bildungswesens eine hohe Bedeutung beimessen. Insbesondere deren Entscheidungsträger stehen letztendlich vor der Herausforderung, die Qualität ihres Bildungssystems fortlaufend zu optimieren, indem sie es effizient und wettbewerbsfähig halten und für mehr Chancengleichheit sorgen. Doch die deutsche Gesellschaft des 21. Jahrhunderts zeichnet sich durch ein hohes Maß an sozialer Ungleichheit aus. Häufig fallen im primären Bildungsbereich die individuellen Stärken von Schülerinnen und Schülern durchs Raster. Nicht selten hängt der Bildungserfolg in einzelnen Fächern von folgenden Faktoren ab: Ethnischer und soziokultureller Hintergrund, Geschlecht und Ressourcenausstattung. Wünschenswert wären somit Bildungsprozesse, die auf die Heterogenität bzw. die individuellen Bedürfnisse von Lernenden besser eingehen. In der Erwachsenenbildung funktioniert dies bereits. Was wir also brauchen, ist generell mehr Pluralität in Bildungseinrichtungen, die zwar nicht gleichartig gestaltet, aber dennoch gleichwertig sind.
Bildungsanbieter benötigen ein bestimmtes Maß an Freiheit, um neue Impulse für das Bildungssystem umzusetzen. Grundlage hierfür könnten offenere Verwaltungsvorgaben sein, die auf mehr Eigenständigkeit und Selbstverantwortung bei der Gestaltung von Unterricht und sozialem Leben sowohl an privaten als auch an staatlichen Schulen abstellen. Paradigmatisch hierfür steht das Konzept der „Selbstständigen Schule“, welches das Potenzial besitzt, auf die Bedürfnisse einer heterogenen Schülerschaft besser eingehen zu können. Die „Schar der Lernfreudigen“ bzw. die Anzahl der Bildungssuchenden steigt jedoch nahezu im gesamten Bevölkerungsspektrum an. Jenseits des Sektors der Primärbildung wächst auch der Bedarf nach beruflicher Bildung, nach Fort- oder Weiterbildung sowie nach Hochschul- und Seniorenbildung. Bildung ist nunmehr zu einer allgemeinen Aufgabe geworden. Infolgedessen sollten die Bundesländer nicht nur mit pluralistisch ausstaffierten Bildungseinrichtungen punkten, sondern die Erfahrungen der einzelnen Akteure zusammentragen und synthetisieren. Innovative Lernkonzepte könnten sich wiederum durch internationalen und nationalen Wettbewerb weiterentwickeln lassen – sofern die Qualität sämtlicher Bildungsanbieter sichergestellt ist. Und das geht nur mit einer vorausschauenden Finanzierungsstrategie.
Finanzielle Förderung sichert Unterrichtsqualität
Die europäische Integration und die Migration von Arbeitskräften haben in den letzten Jahrzehnten zu einer Ausdifferenzierung der Lebensverhältnisse in Deutschland geführt. Die Digitalisierung und Globalisierung haben dazu beigetragen. Diesen Entwicklungen muss auch unser Bildungswesen gerecht werden. Ein auf Uniformität und Zentralismus ausgelegtes Bildungssystem wird wohl kaum in der Lage sein, den Herausforderungen einer pluralisierten Gesellschaft effektiv zu begegnen. Im Gegenteil: In Zeiten der Ausbreitung populistischen Gedankenguts ist es wichtiger denn je, für die Anerkennung von Andersartigkeit im Bildungswesen flächendeckend einzustehen. Das langfristige Ziel ist mehr Diversität bzw. die Einbeziehung von Verschiedenartigkeiten in die Arbeits- und Lebenskontexte der Gegenwart mittels passender Deutungs- und Handlungsmuster. Schon heute fordern junge Fachkräfte vermehrt Diversität ein.
Es ist folglich nebensächlich, ob sich Bildungseinrichtungen in freier oder öffentlicher Trägerschaft befinden. Wichtig ist vielmehr, dass diese einheitliche Bildungsstandards bedienen und dass deren Ressourcenausstattung stimmt. Wie sollen schließlich Lehrkräfte mit einer heterogenen Schülerschaft in ihrem Unterricht umgehen, wenn die Arbeitsbelastung zu hoch ist und die verfügbaren finanziellen Mittel unzureichend sind? Der Bildungserfolg bliebe auf der Strecke.
Nachhaltiger Bildungserfolg erhöht die in einem Menschen angelegten Entwicklungsmöglichkeiten und begünstigt das harmonische Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft. Dazu gehört die Toleranz einer Vielfalt sich überschneidender Lebensformen. Idealerweise sollte daher das deutsche Bildungssystem eine Vielzahl an hybriden Bildungslösungen bereitstellen. Dies ist ihm jedoch nur möglich, wenn es finanziell adäquat ausgestattet ist, sodass es sogar international konkurrenzfähig wird. Dies bedingt jedoch eine gleichgewichtete Förderung von freien Kitas und Schulen sowie von Bildungseinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft. Private Schulen könnten beispielsweise über Zuschüsse zu ihrer aktuellen Finanzierung oder bereits bei ihrer Gründung gesteuert werden. Letztendlich muss sich ein modernes Bildungswesen an den gesellschaftlichen Ansprüchen der Gegenwart orientieren und dies sind individuellere Förderungen für eine heterogener werdende Welt. Eine Schule kann ihrem Anspruch auf Multikulturalität schließlich nur mit einem weitreichenden finanziellen Gestaltungsspielraum gerecht werden. Ansonsten bleibt sie eine angeblich bereits von Erich Kästner so getadelte „Konservenfabrik der Gesellschaft“.
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