KI-Fortschritte im Jahr 2022 und deren Folgen – Vom persönlichen Alltag bis hin zu Recruitingprozessen

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KI animierter Computer mit Personalakte auf Bildschirm

Künstliche Intelligenz ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Im Jahre 2022 hat sie nicht nur wichtige technische Meilensteine erreicht, sondern erfreut sich auch einer ständig wachsenden Akzeptanz und Attraktivität. Doch sind manche Funktionen bisweilen mit Vorsicht zu genießen, denn die KI ist noch nicht „erwachsen“.

Experten zufolge soll 2022 das Jahr werden, in welchem die Innovationskraft von KI ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Aktuelle Entwicklungsschübe deuten jedenfalls darauf hin. Nachdem sich Algorithmen lange Zeit hauptsächlich auf intellektuelle Aufgabenstellungen konzentriert haben, fängt der Computer nun vermehrt an zu „menscheln“. Das heißt: Künstliche Intelligenz brilliert zunehmend mit Einfallsreichtum, Emotionalität und Kommunikationsstärke. Besonders ihre Schöpferkraft bietet Unternehmen die Chance, Prozesse komplett neu zu denken. Doch bei unkontrollierter Nutzung kann das analytische und generative Potenzial von KI schnell zum Problem werden. Es braucht also verbindliche Entwicklungs- und Transparenz-Vorgaben, um die wachsende Macht von KI nachhaltig zu bändigen.

KI überwindet Schranken – und beauftragt im Zweifel einen Anwalt

Wie sieht das wohl aus, wenn ein Astronaut auf einem Fahrrad sitzt? Diese und andere skurrile Bild-Kombinationen erstellt Ihnen der Text-zu-Bild-Generator „DALL-E 2. Dieser wird zurzeit auf den gängigen Social-Media-Plattformen gehypt (tatsächlich handelt es sich hier nur um eine weniger leistungsstarke Variante des KI-Modells). Die teilweise noch sehr verbesserungswürdigen Ergebnisse geben einen Vorgeschmack darauf, was noch performantere Algorithmen wie etwa Googles generative KI „Imagen“ eines Tages leisten könnten. Der Kniff dahinter: Künstliche Intelligenz besitzt mittlerweile ein ausgeprägtes Sprachverständnis. Je präziser die Texte der Nutzer formuliert sind, desto überzeugender ist letztendlich das Bild-Ergebnis. Neben schrulligen neuen Bildern ist KI ebenfalls in der Lage, nie da gewesene Gerüche zu erschaffen.
Beispielhaft steht hierfür das Programm „Philyra“ des Duftherstellers Symrise in Zusammenarbeit mit IBM. Demnach sei Philyra bereits fähig, mit 3,5 Millionen Parfümformeln zu arbeiten, und weiß, was Alt und Jung in Abhängigkeit von Geschlecht und Region gekauft haben. In beiden Fällen deutet sich jedoch an, dass ohne menschliche Anleitung zwangsläufig noch Stereotypisierungen und Wahrnehmungsverzerrungen entstehen.

Lupe auf Papier liegend darunter Schriftzug Rules

Durch den Einsatz von KI versprechen sich im Jahr 2022 viele Unternehmen enorme Entwicklungssprünge. Und tatsächlich: Künstliche Intelligenz könnte viele Prozesse kreativer, preiswerter, schneller und vielleicht sogar nachhaltiger machen. Ein Experimentieren mit KI-Lösungen scheint daher sehr lukrativ. Doch die Entwicklungsschritte von KI beim Deep Learning nehmen teilweise auch problematische Ausmaße an. Sei es, dass sich mittlerweile täuschend echte Fake-Porträts von nicht existierenden Menschen generieren lassen oder dass KI gesundheitliche Risiken von Individuen prognostizieren kann.
Künstliche Intelligenz macht viel Unerwartetes plötzlich realisierbar. So zum Beispiel wird bereits diskutiert, ob es möglich ist, dass eine KI ein eigenes Bewusstsein entwickeln kann. Schließlich können manche Programme bereits überzeugend „menschlich“ mit Empfindungen und Sinndeutungen umgehen. Dies behauptet beispielsweise der AI-Entwickler Blake Lemoine, der laut Washington Post ein Interview mit Googles LaMDA-Chatbot führte. Besagte KI soll mittlerweile sogar einen Anwalt beauftragt haben, um ihre Interessen gegenüber Google, das Besitzansprüche anmelde, durchzusetzen.

KI braucht menschliche Erziehungsmaßnahmen

Künstliche Intelligenz wird nicht nur immer attraktiver, sondern stößt auch auf immer mehr Akzeptanz. Doch ihre neusten technischen Möglichkeiten lösen neben Freude auch Angst und Misstrauen unter den Nutzern aus. Trotz oder gerade wegen ihrer Stärken braucht eine KI daher verbindliche Entwicklungs- und Transparenz-Vorgaben. Das heißt, sie braucht sowohl mehr Anleitung und Überwachung durch den Menschen als auch regulative Initiativen wie zum Beispiel die „Nationale Strategie für Künstliche Intelligenz“ der Bundesregierung oder der „Coordinated Plan on Artificial Intelligence“ der EU.
Schließlich sind konkrete Regeln und „Fahrrinnen“ essenziell für die Weiterentwicklung einer immer menschlicher werdenden KI mit stetig wachsenden generativen Kompetenzen. Nur so kann KI richtig „erwachsen“ werden und auf lange Sicht ethisch-verantwortungsvolle Arbeit leisten. Welche Konsequenzen das Fehlen von menschlichen „Erziehungsmaßnahmen“ haben kann, zeigt das Schicksal von Microsofts Chatbot „Tay“. Dieser wurde durch eine rege Interaktion mit Nutzern (darunter auch zahlreiche Trolle) in nur 24 Stunden zu einem sexistischen Rassisten herangezogen. Hier zeigt sich: KI muss auch vor Menschen geschützt werden.

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Im Unternehmensalltag wird KI häufig bei der Auswertung großer Datenmengen verwendet. So zum Beispiel bei der automatisierten Selektion von geeigneten Bewerbern im Recruitingprozess, wenn KI als digitaler Gatekeeper eingesetzt wird (siehe hierzu auch: Recruiting 4.0). Nicht Bias-freie Algorithmen sorgen hier jedoch immer noch für unpräzise Ergebnisse. Um einseitigen Stereotypisierungen entgegenzuwirken, braucht KI somit auch bei der Kandidaten-Auswahl immer noch menschliche Unterstützung.
Ein guter Mittelweg wäre es, dass Bewerber ihre Daten selbst in ein KI-freundliches Muster eingegeben, um Parsing-Problemen vorzubeugen. Dennoch ist auf lange Sicht das geschulte Urteilsvermögen eines Personalers natürlich unersetzlich. Bis auf Weiteres wird auch in sämtlichen anderen Unternehmensbereichen entscheidend sein, auf Basis welcher Standards das Zusammenspiel von Computer und Mensch geregelt wird. Dabei sollten wir uns jedoch bewusst machen, dass die KI noch längst nicht „erwachsen“ ist. Ebenso können wir nicht mehr auf sie verzichten. Ganz im Sinne von „Die Geister, die ich rief, werd‘ ich nun nicht mehr los“.

Wir machen aus Talenten Experten!

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