Introvertiert am Arbeitsplatz?
Teil 1: Das sind Deine Stärken

Mitarbeiter ist introvertiert am Arbeitsplatz.

Introvertiert am Arbeitsplatz zu sein kann für Probleme sorgen – besonders wenn das Umfeld von eher extrovertierten Teamkollegen dominiert wird, die viel und gerne reden. Die Interaktion mit der sozialen Umwelt fällt oft schwer. Durch ihr schüchternes, unauffälliges und schweigsames Beobachter-Verhalten werden Introvertierte nicht selten übersehen und unterschätzt. Ihre Stärken sind für viele unsichtbar. Doch haben stille, zurückhaltende Persönlichkeiten sehr wertvolle Eigenschaften, die in der Zusammenarbeit überaus nützlich und sogar unverzichtbar sind.

Die extrovertierte Gesellschaft

Gute Selbstdarstellung und dominantes Auftreten haben in unserer Gesellschaft nach wie vor einen hohen Stellenwert. In der Arbeitswelt werden meist die extrovertierten Verhaltensweisen geselliger Alphatiere bevorzugt und belohnt, z.B. mit Aufmerksamkeit oder tollen Jobpositionen. Die Lauten sind das Idealbild, denn wir nehmen sie im ersten Moment als sympathischer und kompetenter wahr. Dadurch werden die Qualität und Vorzüge der Intraversion nicht ausreichend erkannt, geschätzt und eingesetzt – immer noch. Umso wichtiger ist, dass introvertierte Menschen sich ihrer Stärken bewusst sind, denn kein Unternehmen der Welt kann heutzutage mehr auf die Kompetenz der leisen Naturen verzichten, wenn es erfolgreich sein will. Zumal schätzungsweise ein Drittel bis die Hälfte unserer Bevölkerung introvertiert ist.

SPECTRUM Tipp: Warum sind Introvertierte und Extravertierte eigentlich so unterschiedlich? Lena vom „Blog für leise Leute“ erklärt die biologischen Hintergründe. Zum Artikel

Extrovertierte Mitarbeiterin drängt sich in den Vordergrund.

Authentische Weiterentwicklung

Die wichtigste Eigenschaft für das Arbeitsleben ist die Bereitschaft dazuzulernen. Das heißt aber nicht, dass Introvertierte unbedingt nach mehr Extraversion streben sollten. Es fehlt ihnen nichts – auch wenn sie das selbst oft denken. Extrovertierte sind keinesfalls interessanter oder erfolgreicher. Sie haben lediglich andere Stärken.

Das Ziel darf also nicht sein, plötzlich selbstbewusst zu werden und forsch auftreten zu können. Vielmehr sollte man sich bewusst machen, worin man gut ist, was man besser kann als andere und diese individuellen Stärken ausbauen, anstatt sich immer nur auf die eigenen Schwächen zu konzentrieren. Stille Wasser sind tief.

Aber Vorsicht: Dabei darf niemals die eigene Persönlichkeit verlassen werden. Eine gute Weiterentwicklung passt zu einem selbst, fördert die eigenen Stärken und bewahrt die eigene Authentizität. Andernfalls wirkt das neue Verhalten antrainiert. Es geht nicht darum, sich anzupassen und zu verbiegen, sondern man selbst zu bleiben.

Ob die Entwicklung in Eigenregie oder mit Unterstützung Dritter erfolgt, muss jeder selbst entscheiden. Ein Blick von außen kann jedoch hilfreiche Impulse liefern und die Selbstwahrnehmung bereichern.

SPECTRUM Insight: Gerade im Bereich der IT gibt es viele introvertierte Talente, die bemerkenswerte fachliche Fähigkeiten vorzuweisen haben, sich aber im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten schwertun. Um die Integration dieser Menschen zu erleichtern, beinhalten unsere Qualifizierungsleistungen zu einem großen Teil die Entwicklung der sogenannten Soft Skills. Damit unterstützen wir sowohl die Nachwuchskräfte und Experten als auch die Unternehmen, die händeringend nach passenden Fachkräften suchen.

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Introvertiert am Arbeitsplatz: Das Beste aus sich herausholen

Wer auf Anhieb die Frage nach seinen persönlichen Stärken nicht beantworten kann, darf sich aus unserer Auswahl ein paar Anregungen ziehen. Bestimmt trifft das ein oder andere zu. Wichtig zu beachten ist hierbei, dass obwohl die meisten Menschen in eine Richtung tendieren, jeder sowohl extro- als auch introvertierte Ausprägungen in sich trägt.

  • 1. Produktiv

    Die Aufmerksamkeit liegt voll und ganz auf dem, was gerade getan wird. Die Arbeit wird konzentriert, gewissenhaft und konstant erledigt, ohne sich davon ablenken zu lassen. Das führt zu qualitativ hochwertigen Ergebnissen und Achtung der Mitmenschen.

  • 2. Kritikfähig

    Kritikfähigkeit bedeutet, gut mit Feedback umgehen zu können, natürlich nur wenn es nachvollziehbar ist.

  • 3. Termintreu

    Bei kurzfristigen Deadlines wird durch hohe Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit geglänzt und Abgabetermine eingehalten.

  • 4. Teamfähig

    Teamfähigkeit bedeutet, es werden kreative Lösungen mit anderen entwickelt, anstatt sich und die eigenen Ideen möglichst präsent nach außen zu verkaufen und sich in den Vordergrund zu drängen. Streits werden selten angezettelt. Zwar wird man manchmal als zu ruhig empfunden, ist aber überaus anpassungsfähig.

  • 5. Bedacht

    Die Vor- und Nachteile einer Entscheidung werden analysiert und gut durchdacht, um Risiken bei der Umsetzung zu minimieren. Gesprochen wird prägnant, faktenreich und überlegt (langsame, klare Ausdrucksweise). Es wird genau abgewogen, was gesagt wird, sodass die Aussagen meist eine hohe Qualität und Bedeutung besitzen. Smalltalk wird als langweilig empfunden, tiefsinnige Gespräche sind wichtiger.

  • 6. Aufmerksam

    Gesprächspartnern wird aufgrund einer guten Beobachtungsgabe, dem Interesse an Details und der hohen Konzentrationsfähigkeit aufmerksam und aktiv zugehört.

  • 7. Analytisch

    Unübersichtliche Situationen werden durch Recherche, Vergleiche, das Erkennen von Zusammenhängen, Strukturieren oder das Entwickeln von Strategien ganz einfach geordnet. Die geschaffene Klarheit hilft anschließend bei der Lösungsfindung.

  • 8. Ruhig

    Die durch die Sprache und Körperhaltung ausgestrahlte Ruhe kann in Stresssituationen zum Ruhepol / Fels in der Brandung für andere werden.

  • 9. Geduldig und ausdauernd

    Viel Durchhaltevermögen und Geduld tragen dazu bei, dass Ziele bis zum Schluss verfolgt werden. Aufgeben ist keine Option.

  • 10. Beobachtend

    Eine gute Beobachtungsgabe geht einher mit einem feinen Gespür für Details. Wer Informationen aufmerksam aufnimmt, identifiziert schnell Ungereimtheiten.

  • 11. Schreibbegabt

    Schreiben fällt leichter als Sprechen. Schriftliches kann vorab gut durchdacht werden, denn es steht mehr Zeit zur Verfügung, um Gedanken zu sortieren.

  • 12. Reflektiert

    Die viele Zeit des Nachdenkens wird auch dazu genutzt, die eigenen Gedanken, Gefühle und Fähigkeiten, d.h. sich selbst zu reflektieren. Das Ziel: Ein gesundes Selbstbewusstsein.

  • 13. Unabhängig

    Wer gerne allein ist und sein kann, besitzt auch die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Leben und Arbeiten und kommt gut mit sich selbst klar. Lob und nette Kommentare wirken daher motivierend, Anerkennung wird jedoch nicht zwingend benötigt.

Was zeigt uns diese Vielfalt an möglichen Stärken? Es lohnt sich sie zu erkennen und auszubauen. Man kann durchaus stolz darauf sein, introvertiert zu sein. Und je mehr Menschen die Vorteile der Intraversion begreifen, desto mehr wird sie an Bedeutung gewinnen und von der Gesellschaft anerkannt werden.

Teil 2: Introvertierte als Führungskräfte?

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1 Kommentar

Lena 12. November, 2020 - 11:44 am

Danke für die treffende Darstellung der “stillen Stärken”! Ich freue mich, dass der Wert introvertierter Menschen immer mehr Beachtung findet – es kann unserer Gesellschaft nur guttun. (Und danke für die Verlinkung ????)
Liebe Grüße
Lena von Team Introvertiert

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