Immer das falsche Alter? Warum Unternehmen Jung und Alt gleichermaßen brauchen

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Viele Personen mit verschiedenem Alter versammelt um einen Tisch herum lachen

Weder die Jugend noch das Alter sind ein Verdienst. Dennoch entscheiden die Lebensjahre gerade in Unternehmen oft über Entwicklungs- und Karrierechancen. Dadurch wird Altersdiskriminierung nicht nur für die Betroffenen zum Problem, sondern auch langfristig für Unternehmen.

Ageism hat viele Facetten

Menschen denken gerne in Schablonen. Das hilft ihnen, mit ihrer komplexen Umwelt besser umzugehen. Doch können Vorurteile gerade in der Arbeitswelt schnell zum Problem werden. Vereinfachte Weltbilder führen dazu, dass Menschen systematisch benachteiligt werden. Häufig sind dann Diskriminierungen die Folge. Im neuen Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes werden diesbezüglich folgende Dimensionen differenziert:

  • Alter
  • Behinderung
  • Ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion
  • Sexuelle Identität
  • Weltanschauung

Leider ist in Deutschland gerade die Altersdiskriminierung, auch bekannt als „Ageism“, nach wie vor ein Thema. Demnach fielen etwa 10 Prozent aller Beratungsanfragen, die vergangenes Jahr an die Antidiskriminierungsstelle gerichtet wurden, auf diesen Themenbereich zurück. Tatsächlich ist es so, dass sich immer noch Best Ager (etwa ab einem Alter von 50 Jahren) beim Zugang zu Dienstleistungen und Gütern (wie Finanzgeschäfte, Hochschulzugang, Medizin und Versicherungen), bei Behörden sowie im Arbeitsleben systematisch benachteiligt fühlen. Und auch die berufliche Alltagspraxis zeigt: Stereotype und Vorurteile in Bezug auf das Alter sorgen oft dafür, dass beispielsweise ältere Menschen nicht eingestellt und jüngere nicht befördert bzw. gefördert werden. Denn immer noch zählt für viele Recruiter beim Job-Einstieg die „Jugendlichkeit“ des Bewerbers, während beim Aufstieg in Führungspositionen das Gegenteil gilt.

Die deutsche Gesellschaft wird immer älter. In einer Prognose von 2021 geht das Statistische Bundesamt davon aus, dass bis zum Jahr 2035 die Anzahl der Menschen ab 67 Jahren um 22 Prozent steigen wird. Nimmt man neben dem demografischen Wandel noch den Fachkräftemangel und die Pandemie-bedingten Lieferketten-Probleme in den Blick, wird schnell klar, dass Unternehmen in Altersfragen nicht mehr wählerisch sein dürfen. Es wird also Zeit für ein Umdenken. Denn weder muss es älteren Menschen an frischen Ideen und an Leistungsfähigkeit mangeln, noch seien junge Menschen grundsätzlich unfähig, Führungsaufgaben und Verantwortung zu übernehmen. Doch wenngleich der Engpass an qualifizierten Arbeitskräften in vielen Betrieben überaus spürbar ist, scheinen altersbedingte Vorbehalte nicht so leicht zu verschwinden. Oftmals sind die Vorurteile tief in der Firmenkultur verankert.

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Die Unternehmenskultur ist ausschlaggebend

Laut der WHO liegt eine Altersdiskriminierung vor, wenn das Lebensalter eines Menschen genutzt wird, diesen so zu kategorisieren, dass ihr oder ihm dadurch Nachteile, Schaden oder Ungerechtigkeiten zuteilwird – was obendrein noch die Solidarität zwischen den Generationen untergräbt. Doch mit Blick auf die Bevölkerungspyramide wird klar, dass die Best Ager einen immer größeren Anteil unserer Gesellschaft ausmachen. Die Wirtschaft sollte dies als Chance begreifen – auch da die sogenannten „Silver Surfer“ nun zunehmend das Internet für sich entdecken. Und sollte es den älteren Kollegen doch einmal an digitalen Fähigkeiten mangeln, lassen sich diese durch maßgeschneiderte Weiterbildung nachrüsten.

Es ist paradox, dass unsere aufgeklärte deutsche Gesellschaft selbst im Jahr 2022 noch mit allen möglichen Formen von Diskriminierung zu kämpfen hat. Eine weitsichtige Rechtsprechung zum Beispiel in Form eines Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (PDF) ist zwar ein guter Anhaltspunkt, kann Bürger jedoch nicht allumfassend vor Benachteiligungen im Alltag und Beruf schützen. Denn sämtliche formellen Gebote und Verbote müssen auch im Bereich des Inoffiziellen von Menschen akzeptiert und geteilt werden. Für Arbeitgeber bedeutet dies, im Berufsalltag auf Lösungsstrategien zu setzen, welche die informellen Verhaltensmuster von Mitarbeitern nachhaltig regulieren. Gerade das Top-Management hat hier die Macht, die Spielregeln für das firmeninterne Miteinander festzulegen. Von etwas mehr Offenheit in Sachen Alter könnten schließlich alle profitieren – vor allem die Tech-Branche.

Meistens fängt Altersdiskriminierung vermeintlich harmlos im alltäglichen Sprachgebrauch an und kann später bis zu Schikanen führen. Des Weiteren gibt es auch strukturelle Diskriminierungsformen wie etwa exklusive Stellenangebote für junge Bewerber oder eine Ablehnung von jungen Frauen mit Kinderwunsch bzw. von Niedriggebildeten. Unternehmen, die hingegen in eine integrative Unternehmenskultur investieren, stärken gleichzeitig ihre eigene Resilienz. Denn eine solche Kultur achtet nicht nur auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter, sondern erzeugt auch durch die Schaffung einer altersdiversen Belegschaft einen Mehrgewinn für den ganzen Betrieb. Zunächst muss sich jedoch das Top-Management bewusst werden, dass es kein „zu alt“ geben muss, um gute Leistungen zu erbringen, und ebenso kein „zu jung“, um mehr Verantwortung zu übernehmen. Letztendlich kommt es weniger auf das Alter an, sondern auf Lernbereitschaft und Persönlichkeit. „Generationenübergreifendes Denken“ heißt das Motto der Zukunft.

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