Es ist ein Anblick, der bei einigen Menschen gemischte Gefühle hervorruft: Die Innenstädte Deutschlands füllen sich immer stärker und die deutsche Bevölkerung genießt den Sommer. Für viele Leute scheint ein Großteil des Lebens wieder seinen gewohnten Gang zu nehmen. Weitreichende Lockerungen machen es möglich. Doch täuscht dieser Anblick über die Tatsache hinweg, dass es bis zur Herstellung von Normalität im Arbeits- und Privatleben aller Menschen noch ein weiter Weg ist. Beispielsweise sind Branchen, in denen in kurzer Zeit eine Vielzahl an Personen aufeinandertreffen, von den Folgen der Corona-Pandemie nach wie vor benachteiligt. Mittlerweile musste die deutsche Eventmarketing-Branche, die seit jeher eine Spitzenposition in Sachen internationale Messen innehat, Verluste in Milliardenhöhe verbuchen. Doch eine Genehmigung von Großveranstaltungen hätte zwangsläufig Konsequenzen für das Infektionsgeschehen – ein Dilemma. Abhilfe könnte jedoch die VR-Technologie schaffen.
Der Messeplatz Deutschland in der Corona-Klemme
Von der Frankfurter Buchmesse bis hin zur Internationalen Automobil-Ausstellung – Deutschland ist ein Messeland. Schließlich befinden sich dort vier der zehn weltgrößten Messeplätze, auf denen jährlich zwischen 160 und 180 Messen mit etwa 180.000 Ausstellern und 10 Millionen Besuchern stattfinden, so der Verband der deutschen Messewirtschaft. Dank Corona wurde ein Großteil dieser Veranstaltungen abgesagt, die übrigen hängen in der Schwebe. Das Infektionsgeschehen der Zukunft sei schließlich zu ungewiss – ein herber Schlag für das Eventmarketing, das als multisensorisches Kommunikationsinstrument auf Menschennähe angewiesen ist. Der Corona-bedingte Lockdown brachte Milliardenverluste ein. Auch jetzt in Zeiten der weiteren Lockerung von Maßnahmen hat die Veranstaltungsbranche das Nachsehen. Zwar sind kleinere Events unter bestimmten Voraussetzungen schon wieder möglich, doch zu immens ist der Einfluss von Großveranstaltungen auf die Infektionsdynamik – sowohl bundesweit als auch international. Die gesamte Branche steckt folglich in der Corona-Klemme. Was sie jetzt dringend braucht, ist ein Umdenken. Insbesondere die VR-Technologie lässt dabei hoffen.

Schon vor Corona haben die meisten Menschen digitale Welten in ihren Alltag integriert. Und gerade in Zeiten von „Social Distancing“ zahlte es sich aus, wenn sich persönliche Treffen weitestgehend durch Online-Formate und Videotelefonie ersetzen ließen. Virtuell miteinander in Kontakt treten kann man jedoch nicht nur in 2D, sondern auch in 3D. Die technischen Möglichkeiten der Augmented Reality bzw. Virtual Reality bringen den „Homo Digitalis“ auf eine neue Digitalisierungsstufe, die neuartige Erlebnisse des sozialen Miteinanders ermöglicht. Diese Technologien könnten dazu beitragen, der Veranstaltungsbranche wieder Auftrieb zu verschaffen. Denn die Virtual Reality erlaubt – anders als bei 2D-Veranstaltungen – eine effizientere digitale Zusammenarbeit in Echtzeit. Schließlich ist die Konzentrationsfähigkeit in der 3D-Welt aufgrund des Gefühls des Eintauchens in den virtuellen Raum größer. Weitere Vorteile von 3D-Veranstaltungen sind:Effektivere(s) Analysen bzw. Feedback
- Effektivere(s) Analysen bzw. Feedback
- Reduktion von Kosten
- Bessere Anpassung an Nutzerbedürfnisse
- Unbegrenzte(r) Laufzeit bzw. Platz
- Hohe Umweltfreundlichkeit
- Leichte Zugänglichkeit
Wie digitale Veranstaltungen im Kleinen aussehen könnten, demonstriert beispielsweise die Telepräsenz-App „Spatial“. Jacob Loewenstein, Vizepräsident von Spatial, gab sogar an, seit Beginn der Pandemie einen Anstieg der Nutzerzahlen um mehr als 1000 Prozent verzeichnet zu haben. Doch in der Welt der VR-Unternehmen gibt es nicht nur Gewinner, denn größtenteils fristet die Technik noch ein Nischen-Dasein.
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Das ewige Nischen-Dasein der Virtual Reality?
Die AR- bzw. VR-Technik wird bereits von einigen Menschen genutzt. Hier gibt es jedoch noch enormes Wachstumspotenzial. Ein Negativbeispiel ist das Unternehmen NextVR, welches Events wie Konzerte oder Sportveranstaltungen live und in 3D in die VR-Brillen seiner Zuschauer überträgt. Der Haken an der Sache: Die Verkaufszahlen von VR-Brillen lassen seit Jahren zu wünschen übrig. Die Bilanzen anderer VR-Startups fallen ähnlich düster aus. Entlassungen sind die Folge – auch in Zeiten von Corona. Der Unternehmensanalyst Benedict Evans vom Risikokapitalgeber Entrepreneur First schrieb hierzu vor einiger Zeit in seinem Newsletter: „Es sagt viel aus, dass wir alle zu Hause eingesperrt sind und Videotelefonate ein Massenphänomen geworden sind, aber VR nicht“. Der Durchbruch der VR blieb also aus. Das liegt vermutlich auch daran, dass einige Aspekte in Sachen Design Thinking und User Experience noch nicht ausgereift sind. Nicht selten lauten die Vorwürfe, die Bedienung sei zu kompliziert, die Geräte zu schwer und der inhaltliche Mehrwert zu bescheiden – ferner klagt so mancher Nutzer über Übelkeit. Damit die Virtual Reality ihr Nischen-Dasein verlassen kann, braucht es also großer Firmen, die mit mehr Kapital und Knowhow die weiteren Entwicklungsprozesse steuern.
Strategische Überlegungen spielten sicherlich eine Rolle, als der Tech-Gigant Apple vor einigen Monaten die 2009 gegründete Firma NextVR gekauft hat. Welche neuen Geschäftsmodelle der Großkonzern in Sachen AR und VR vorantreiben wird, bleibt abzuwarten. Auf die Virtual Reality verzichten kann der Mensch mittlerweile nicht mehr – unter anderem in den Vereinigten Staaten greifen beispielsweise immer mehr Industriearbeiter sowie medizinisches und militärisches Personal auf sie zurück. Damit die VR-Technologie jedoch auch für die Eventmarketing-Branche anschlussfähig wird, sind neben technischen Ausbesserungen auch vorzeigbare Beispiele vonnöten. Dass ein digitales Erleben in größeren Gruppen bereits möglich ist, beweist das jährlich in Frankreich stattfindende größte VR-Event Europas. Einblicke in die diesjährige „Laval Virtual World“-Messe zeigen: Es geht auch komplett digital. Wie sich herausstellt, kann die virtuelle Messe Vieles, jedoch mangelt es ihr (noch) an multisensorisch wahrnehmbarer Menschlichkeit. Auch das Präsentieren und Testen von Dienstleistungen und Produkten gestaltet sich in der virtuellen Welt natürlich schwierig. Doch prinzipiell liegt es an uns Nutzern, ob wir dieser Technik zukünftig eine Chance geben oder nicht.
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