Auf eine Phase relativer Gelassenheit im Corona-Sommer folgte prompt die Ernüchterung. Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat die deutsche Politik ein Herunterfahren von Gesellschaft und Wirtschaft veranlasst. Vom sogenannten „Lockdown light“ besonders betroffen sind wieder einmal die Gastronomen, die Hoteliers sowie die Kultur- und Veranstaltungsbranche. Doch die mit den Lockdown-Beschlüssen verbundene Planungsunsicherheit lässt womöglich kaum jemanden kalt – ebenso wie die damit verbundenen sozialen Folgen. Manche Experten behaupten, dass medial produzierte Echokammern zu einer verzerrten Wahrnehmung der Pandemie führen können. Diese laufen Gefahr, übermäßige Ängste und Distanzierungstendenzen zu schüren, welche das kollegiale Miteinander von Menschen im Berufs- und Privatleben untergraben könnten. Gerade Unternehmen sollten daher jetzt auf mehr professionelle Nähe setzen.
Wie Medien die politische Agenda beeinflussen können
Im Corona-Alltag ist es eine Herausforderung, aus einer scheinbar unersättlichen Informationsflut das jeweils Wichtigste herauszufiltern. Und dieses Filtern ist in vielerlei Hinsicht überlebensnotwendig, da es die Überfülle an Inputs auf ein händelbares Minimum reduziert. Die Konsequenz ist jedoch, dass sich Menschen zwangsläufig in abgeschotteten Informationsräumen bzw. in sogenannten „Filterblasen“, wie sie schon der Netzaktivist Eli Pariser nannte, bewegen. Diese spezifischen Resonanzräume werden zum Problem, wenn dort seriöse Informationen nachhaltig kein Gehör finden und zu emotionalen Radikalisierungen verschiedenster Art führen. So ist es beispielsweise nicht abwegig, dass im Rahmen der Corona-Krise zahlreiche von Ängsten und Verunsicherungen durchzogene Echokammern entstanden sind. Der Medienforscher Stephan Ruß-Mohl behauptete in einem Gast-Artikel in der Süddeutschen Zeitung sogar, ein „Overkill“ an medialer Berichterstattung habe Corona-bezogene Ängste dermaßen geschürt, dass dies die Maßstäbe für den weiteren Umgang mit der Pandemie beeinflusst haben könnte. Er kritisiert diesbezüglich eine „einseitige Fokussierung“ und „Überaufmerksamkeit“ hinsichtlich der Corona-Thematik, was zu einem Handlungsdruck in der Politik geführt haben könnte – vielleicht auch zum aktuellen „Lockdown light“, der zweite Lockdown in diesem Jahr.

Bei der Wahrnehmung der Corona-Krise spielen die Medien eine wesentliche Rolle. Denn das, was der normale Bürger über das Virus und seine Gefahren weiß, erfährt er im Wesentlichen über die medialen Formate, die er nutzt, sowie über seine Sozialkontakte. Das erneute Herunterfahren von Gesellschaft und Wirtschaft trifft uns alle – doch vor allem trifft es wieder die Gastwirte, Hotelbesitzer, Kulturschaffenden und Veranstalter. Natürlich ist es im Interesse der gesamten Wirtschaft, dass die Infektionszahlen nicht noch stärker ansteigen, was zu größeren Ausfällen in Belegschaften führen könnte. Gesundheitliche und wirtschaftliche Interessen müssen sich aber nicht wechselseitig ausschließen. Stattdessen ist wieder einmal Solidarität das Gebot der Stunde. Immerhin sollen vom Lockdown benachteiligte Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern vom Staat für den November eine einmalige Kostenpauschale erhalten – bis zu 75 Prozent des Umsatzes im Vorjahresmonat. Insgesamt 10 Milliarden Euro sollen hierfür zur Verfügung stehen. Diese „außerordentliche Wirtschaftshilfe“ gilt zusätzlich zu den bereits bestehenden Sofort- und Überbrückungshilfen. Die sozialen Folgen des erneuten Grundrechtseingriffs sind jedoch nicht so einfach zu beheben. Der Zusammenhalt in der Gesellschaft könnte zunehmend ins Wanken geraten, denn die bundesweiten Schließungen begünstigen womöglich auch eine Distanzierung der Menschen zueinander.
Lockdown 2: Vertrauen stärken in Zeiten von Social Distancing
Ein gewisses Maß an Risiko und Unsicherheit gehört zum Alltagsleben dazu. Nahezu tagtäglich macht uns die Pandemie diese Tatsache bewusst. Vorsichtsmaßnahmen wie Social Distancing sind deswegen mittlerweile zur Normalität geworden, wenngleich zu viel Distanzierung negative Konsequenzen für das Zusammenarbeiten und Zusammenleben der Menschen untereinander hat. Dies ist der Fall, wenn sich die Gesellschaft in zahlreiche Echokammern aufspaltet und sich in diesen zunehmend radikalisiert. Problematisch ist ferner, dass Menschen, so der Verhaltensökonom Prof. Georg Weizsäcker, dazu neigen würden, auf relativ wenig Informationen relativ stark zu reagieren. Das heißt, dem Individuum reichen bereits wenige Inputs von Medien und Sozialkontakten aus, um sich in seinen Einstellungen bestärkt zu fühlen. Wie beim ersten könnten infolgedessen auch die Maßnahmen des zweiten Lockdowns Menschen dazu veranlassen, einzelne soziale Bindungen im Berufs- und Privatleben schrittweise zu entwerten. Doch lässt sich soziale Nähe auch im Rahmen von AHA-Regeln und Social Distancing pflegen. Gerade in Zeiten der hohen Unsicherheit sollten Unternehmen Mittel und Wege finden, um erfolgreich Vertrauen in den Echoräumen der Mitarbeiter zu stiften. Das Ziel ist nicht nur ein Stärken des Wir-Gefühls, sondern auch ein langfristiges Ermöglichen von Synergien.

Wer in Krisen-Zeiten nachhaltig Vertrauen stiften möchte, muss Erwartungssicherheit kommunizieren. Dies sollten Politik und Wirtschaft gleichermaßen beherzigen. Idealerweise sollte ein solcher Kommunikationsprozess positive und negative Inputs bereithalten und bei den sendenden Akteuren eine hohe Lernbereitschaft und Weitsichtigkeit voraussetzen. Doch auch jeder einzelne Bürger steht in der Verantwortung, Echokammer-Informationen und Gruppendenken zu hinterfragen. In Unternehmen können darüber hinaus vertrauensbildende Maßnahmen – beispielsweise in Form von Teambuilding-Maßnahmen – gewährleisten, dass trotz staatlich verordneter Social-Distancing-Maßnahmen der Mitarbeiter als Mensch nicht zu kurz kommt. Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten in Sachen Arbeitsplatzgestaltung ein hohes Maß an Freiheit und Sicherheit entgegenbringen möchten, werden nicht umhinkommen, sich mit dem Konzept der New Work, das auch in der Post-Corona-Ära relevant sein wird, zu befassen. Professionelle Nähe stellt somit auch auf ein neues organisationales Selbstverständnis ab, bei dem Unternehmen die Mitarbeiter und ihre Talente mehr in den Mittelpunkt rücken. Das Ergebnis ist ein soziales Miteinander mit Mehrwert bzw. ein zukunftsweisender Resonanzraum mit hohem Loyalitätsfaktor.
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