Die Cybergefahren der Digital Natives in Corona-Zeiten – Über Digitalkompetenz und unsere gesellschaftliche Verantwortung

Junges Mädchen sitzt am Laptop und unterschätzt die Cybergefahren der Digital Natives

Wer viel surft, der gibt auch viel preis. Für die junge Generation von heute ist das keine neue Erkenntnis. Für sie gehört die digitale Welt wie selbstverständlich zum Alltag dazu. Vor allem in Zeiten des Lockdowns vermittelt der digitale Raum Kindern und Jugendlichen Anschluss und Teilhabe am sozialen Leben. Doch wird dieser angesichts eines Mangels an Alternativen zurzeit im Übermaß genutzt. Damit die Vorzüge der Digitalisierung nicht langfristig dazu führen, dass die Heranwachsenden die analoge Welt um sich herum vernachlässigen, muss ihre Digitalkompetenz gestärkt werden. Hierfür stehen nicht nur die Eltern, sondern auch Politik und Wirtschaft in der Verpflichtung. Für Unternehmen ist dies auch die Chance, Vertrauen zu schaffen und Employer Branding bei der Zielgruppe von morgen zu betreiben.

Digitales Aufwachsen führt nicht zwangsläufig zu Digitalkompetenz

Die aktuelle Krise stellt das Kindeswohl in Deutschland auf eine harte Probe. Für die allermeisten Kinder ist der Lockdown und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen eine völlig unbekannte Stresserfahrung. Dabei haben sie doch grundsätzlich ein Recht auf Freizeit, Ruhe und Spiel sowie auf die Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben – laut Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention. In Zeiten der Pandemie ließen sich diese Rechte ohne die Hilfe digitaler Technik wohl kaum erfüllen. Mehr noch: Angesichts derzeit geltender Corona-Beschlüsse erscheint die digitale Welt den Heranwachsenden wohl lukrativer als jemals zuvor. Die Gründe hierfür sind vielseitig: Vom sozialen Austausch, über spielerische Eskapismus-Versuche bis hin zur kreativen Selbstentfaltung. Problematisch wird es erst, wenn die Internetnutzung bei Kindern und Jugendlichen suchtartige Züge annimmt. So sieht auch eine aktuelle TK-Studie zur „Digitalkompetenz 2021“ (PDF) einen deutlichen Zusammenhang zwischen Internetnutzung und körperlichen bzw. psychischen Beschwerden. Eine Ursache sei unter anderem, dass Heranwachsende bei der Mediennutzung gerne auf „Second Screens“ wie beispielsweise ihr Smartphone zurückgreifen. Mitunter korrelieren auch Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung nicht selten mit digitalem Überkonsum. Gleichzeitig entstehen neue Cybergefahren, wenn das Alltagsleben immer mehr in den digitalen Raum übertragen wird.

Junger Digital Native sitzt während des Home Schoolings am Laptop

Da die Regierungen weltweit auf Social Distancing pochen, kommen die Potenziale des Internets nun in vollen Zügen zur Geltung. Seine Vorzüge entdecken nun auch immer mehr Senioren. Den virtuellen Raum noch ausgiebiger nutzen nur die technikaffinen Digital Natives. Doch führt ein Aufwachsen mit der digitalen Technik nicht zwangsläufig zu Digitalkompetenz. Schließlich geben insbesondere junge Menschen ihre Daten im Cyberspace nur allzu freigiebig preis. Ein nicht unproblematisches Verhalten – vor allem wenn die Corona-Krise sie dazu beflügelt, Fremden gegenüber Sorgen und Wünsche anzuvertrauen. Dies führte zu einem Anstieg von sogenanntem „Cybergrooming“, einer Online-Variante von Pädokriminalität, unter anderem in Online-Spielen oder auf sozialen Plattformen. Darüber hinaus resultiere eine zu intensive Mediennutzung auch häufig in digitale Überforderung und wirke sich auf das Belohnungssystem im Gehirn aus, so die Frankfurter Professorin für Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie Katajun Lindenberg. Die aktuelle pandemische Lage benachteiligt somit diejenigen Kinder und Jugendliche, deren Eltern weder die Kompetenzen noch die Zeit haben, diesen Konfliktfeldern wirksam zu begegnen. Damit die „soziale Schere“ diesbezüglich nicht noch weiter auseinanderdriftet, sollten sich auch Politik und Wirtschaft stärker in der Verantwortung sehen.

Gemeinsam Potenziale für morgen schaffen

Die gegenwärtige Pandemie kann eine große Chance für unser Land sein, wenn wir die Potenziale der hier lebenden Menschen produktiv nutzen. Dabei geht es auch um die Potenziale der Beschäftigten von morgen. Bisher führt die Pandemie jedoch zu einer systematischen sozialen Ungleichbehandlung bei Alt und Jung. Viele Kinder und Jugendliche sind durch das Wegfallen kontrollierender Institutionen wie Kitas oder Schulen in ihrer Alltagsgestaltung von der „Willkür elterlicher Krisenreaktionen“ abhängig geworden. Idealerweise erlernt der Nachwuchs bereits familienintern einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien, wozu die Entwicklung eines gesunden Misstrauens gegenüber vielfältigster Online-Inhalte ebenso gehört wie festgelegte „Bildschirmzeiten“. Dies setzt jedoch voraus, dass Eltern die Gefahren, Möglichkeiten und Trends des World Wide Webs kennen und ihre Schützlinge für diese Themen sensibilisieren können. Da dies nicht immer gewährleistet ist, sollten sich auch Politik und Wirtschaft dieser Aufgabe annehmen. Mit den gegenwärtigen Risiken und Gefahren des Internets beschäftigte sich Anfang Februar auch der diesjährige „Safer Internet Day 2021“, ein von der Europäischen Kommission ausgerufener Aktionstag für mehr Online-Sicherheit. In diesem Zusammenhang wurden auch die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage (PDF) zum Thema Nachrichteninformationsquellen und Falschmeldungen präsentiert. Diese machen deutlich: Der Nachwuchs hat noch Nachholbedarf.

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Das Internet von heute wirft eine ganze Reihe von Themen – wie unter anderem Cybergrooming, Datenschutz, Fake News oder medialer Überkonsum – auf. Wer eine hohe Digitalkompetenz aufweist, vermag mit diesen gewissenhaft umzugehen. Das muss keine Frage des Alters sein. Daher sollte bereits der Schulunterricht diese Themenfelder so früh wie möglich behandeln. Schulen sollten hierfür auf ein hohes Maß an Entfaltungsfreiheit zurückgreifen können. Ebenso können Unternehmen zur Digitalkompetenz von Heranwachsenden beitragen, beispielsweise indem sie relevante Themen im Rahmen von pädagogisch wertvollen Webseiten – mit allerlei Infotainment-Elementen – aufbereiten. Auch können sie in ihrer medialen Kommunikation selbst Digitalkompetenz demonstrieren und damit gleichzeitig Vertrauen schaffen und zum Employer Branding bei ihrer Zielgruppe von morgen beitragen. Wenn Erziehungsberechtigte, Politik und Wirtschaft in Sachen Digitalerziehung zusammenarbeiten, haben die Digital Natives die besten Chancen, ihre Entwicklungspotenziale trotz Corona nachhaltig zu entfalten und in der Gesellschaft einzubringen. Dafür müssen wir uns nicht in jede Online-Angelegenheiten der Jugend einmischen, solange wir mit ihr Schritt halten.

Wir machen aus Talenten Experten.

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