Deutschlands Digitalisierungsfortschritte: Zwischenbilanz und internationaler Vergleich

Mann vor einer weißen Wand auf der Transformation steht. Darunter ein "Ladebalken" der sich langsam füllt.

Die Digitalisierung und ihre Folgen sind aus unserem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. 3D-Drucker, die VR-Technologie und Vieles mehr kündigen eine sehr lukrative digitale Zukunft an. Doch was für viele Menschen in Deutschland bereits selbstverständlich ist, sehen andere Bundesbürger wiederum skeptisch. Womöglich ist ebenjene konservative Haltung vieler Deutschen auch der Grund dafür, dass die Bundesrepublik bei der Digitalisierung nicht nur von China und den Vereinigten Staaten, sondern auch von einigen europäischen Nachbarn – darunter die Niederlande, Skandinavien und das Vereinigte Königreich – überholt wurde. Studien zufolge liegt dies jedoch nicht nur an der bisher eher schwach ausgeprägten Nutzungsbereitschaft von IT-Angeboten aufseiten der deutschen Bürger, sondern vor allem an der noch ausbaufähigen landesweiten IT-Infrastruktur. Obwohl Deutschland bereits einige Digitalisierungsfortschritte erreicht hat, gibt es im Land der Dichter und Denker also immer noch einiges zu tun.

Bisherige Fortschritte und Personalmangel im MINT-Bereich

Welche Digitalisierungsfortschritte hat Deutschland bereits erzielt und wie positioniert sich die Bundesrepublik damit im internationalen Vergleich? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, da die Beobachtungsschwerpunkte zahlreicher Studien auch im Jahre 2019 auseinandergehen: Während die Bundesrepublik beim „Digital Society Index“ (Dentsu Aegis Network) den 10. Platz belegt und beim „Digital Readiness Index“ (Cisco & Gartner) immerhin 17,68 von 25 möglichen Punkten erreicht, werden die deutschen Digitalisierungsfortschritte vom „Digital Economy and Society Index“ der Europäischen Kommission nur mit 54,4 von insgesamt 100 Punkten bewertet und Deutschland dabei auf Platz 12 verortet. Nichtsdestoweniger lautet der gemeinsame Tenor sämtlicher Befunde: Deutschland lässt bisher große Potenziale noch ungenutzt. Zu dieser Einschätzung gelangt auch Barbara Engels, Ökonomin am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Es ist daher kaum verwunderlich, dass wir derzeit in puncto Digitalisierung nicht nur von großen Ländern wie China und den USA, sondern auch innerhalb Europas von Großbritannien, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern überflügelt werden.

Ein weißer und ein schwarzer PKW auf einer verschneiten Fahrbahn

Selbstverständlich kann man eine positive Grundeinstellung zur Digitalisierung nicht erzwingen. Obwohl die digitale Technik immer mehr Lebensbereiche des Menschen durchdringt und dadurch unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem einem grundsätzlichen Wandel unterzogen werden, dauert es seine Zeit, bis sich die Bundesbürger einstellungs- und bedürfnistechnisch an diese Veränderungen anpassen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass deutsche Unternehmen bereits heute mit neuen international agierenden IT-Firmen – vor allem aus dem Silicon Valley – konkurrieren müssen. Dementsprechend ist auch in Deutschland die Nachfrage an IT- und Software-Kenntnissen hoch und wird weiter steigen. Vor allem der Mangel an Fachkräften und Spezialisten in MINT-Berufen fällt hierbei ins Gewicht. Damit der Digitalstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb mit anderen Staaten die besten Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige digitale Wirtschaft sicherstellen kann, sind daher noch einige Entwicklungsschritte notwendig. Hierfür muss man 4 unterschiedliche Digitalisierungsbereiche einzeln betrachten:

Aktueller Entwicklungsbedarf und (neue) Potenziale

Alles in allem schlägt sich der deutsche Digitalstandort an vielen Stellen schon recht gut, während es in anderen Bereichen noch viel zu optimieren gibt. Zunächst einmal brauchen wir unbedingt mehr leistungsstarke Internetanschlüsse – und zwar flächendeckend in Deutschland bzw. vor allem in den abgehängten Regionen. Schließlich ist dort der Wohnraum verhältnismäßig günstig und es gibt reichlich Platz für Unternehmen sowie zahlreiche (junge) Potenziale, die einen Wegzug erwägen. Durch eine arbeitstechnische Eingliederung derselbigen können diese dem Fachkräftemangel auf dem Land entgegenwirken. Auf diese Weise neu gewonnenes IT-Personal kann ferner für die Auswertung und Nutzbarmachung von Big Data eingesetzt werden. Doch die deutsche Wirtschaft ist auch auf die Hilfe des Staates angewiesen, wenn sie mit anderen Ländern im Digitalisierungswettbewerb mithalten möchte. Beispielsweise werden Fördermittel benötigt, um im Bereich der künstlichen Intelligenz forschungstechnisch aufzuholen. Ferner birgt auch unser Schulsystem ein noch ungeahntes Entwicklungspotenzial.

Schulkinder mit Tablet und Smartphone.

Unabdingbar ist somit, dass in der Bundesrepublik in absehbarer Zeit Breitband sozusagen an jeder Milchkanne verfügbar wird – in Anspielung an eine Aussage von Forschungsministerin Anja Karliczek zur vergangenen 5G-Auktion. Nicht nur die Innovationsfähigkeit von Firmen lässt sich dadurch fördern, sondern auch der flächendeckende Konsum von digitalen Dienstleistungen und Produkten. Diesbezüglich wäre es ebenso sinnvoll, bereits in der Schule eine positive Grundhaltung gegenüber der digitalen Technik zu etablieren und die digitalen Kompetenzen der Schüler zu stärken. Beispielsweise könnte Informatik als optionales Schulfach bereits an jüngere Jahrgänge herangetragen werden oder man könnte das Erlernen von Programmiersprachen intensiver unterstützen. Auf diese Weise ließe sich letztendlich eine neue IT-Generation heranbilden, welche die zum Teil konservativen und skeptischen Einstellungen ihrer Eltern gegenüber der digitalen Technik überwinden kann. Eine solche hochgradig IT-affine Generation könnte uns dann in die digitale Zukunft führen, denn ein derartiges „Humankapital“ wäre für Deutschlands Digitalwirtschaft ein entscheidender Erfolgsfaktor.

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