Aufmerksamkeit als neue Währung – Neue Wege bei der Fachkräftesuche

Eine Mitarbeiterin hält eine Hand an ihr Ohr um besser hören zu können.

Geeignete Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu finden, ist natürlich keine leichte Aufgabe. Das gilt insbesondere für die heutige Zeit, in der Schnelllebigkeit den Alltag vieler Menschen bestimmt. Unsere Aufmerksamkeit ist zu einer kostbaren Ressource geworden. Wer sich um neue Mitarbeiter sorgt, sollte daher gelegentlich die konventionellen Wege des Recruitings verlassen – um seine Zielgruppe in einer Fülle von Alltagsreizen auch weiterhin zu erreichen. Um auf sich aufmerksam zu machen, nutzen mittlerweile kleine, mittelständische und auch große Firmen teils außergewöhnliche Methoden. Hierbei haben sie allesamt das gleiche Ziel: (Noch) bekannter werden. Effektive Mittel, mit denen sich die Aufmerksamkeit von potenziellen Bewerbern binden lässt, sind Authentizität und Humor – Gegengewichte in einer Arbeitswelt, die sehr auf Rationalität und Rollenmanagement fixiert ist.

Selektive Wahrnehmung in einer Welt der Schnelllebigkeit

Diffuse Bilder, unbestimmte Geräusche, die verschiedensten Informations- und Text-Schnipsel – unsere heutige Lebenswelt wird von einer Flut an Sinneseindrücken beherrscht. Informationen sind zu einem Massenprodukt geworden, das ununterbrochen konsumiert werden kann und konsumiert werden möchte. Nicht ohne Grund sind viele Menschen – allen voran die berüchtigte Generation Z – mittlerweile regelrecht süchtig nach immer neuen Reizen und produzieren infolgedessen fortwährend neue Inputs, die wiederum unsere Aufmerksamkeit einfordern. Doch da ein Mensch nur begrenzt kognitiv leistungs- und rezeptionsfähig ist, muss dieser aus seinem alltäglichen Chaos an bewussten und unbewussten Reizen die für ihn jeweils sinnvollen Inputs herausselektieren. Das nachhaltige Fokussieren auf eine bestimmte Tätigkeit ist im Laufe der letzten Jahrzehnte logischerweise zu einer immer mehr abhandengekommenen Fähigkeit geworden.

Smartphone mit multiplen Bildschirmen in der Augmented Reality.

In unserer heutigen von den Neuen Medien geprägten Gesellschaft ist das wohl wichtigste Gut unsere Zeit. Die Aufmerksamkeit von Menschen erhält in der digitalisierten Wirtschaftswelt zwangsläufig den Rang einer Art „neuen Währung“, denn je bekannter ein Unternehmen ist, desto mehr Umsatz wird es vermutlich machen. Nicht ohne Grund werden weltweit Milliarden von Euro in Werbung investiert. Doch die Aufmerksamkeitsspanne der meisten Menschen beträgt laut Studien heutzutage etwa nur noch 8 Sekunden. Andere Experten gehen davon aus, dass unsere Konzentration sogar noch schneller abschweift. Schwierigkeiten, sich langanhaltend zu konzentrieren, hat womöglich vor allem die Generation Smartphone. Eine Firma, die sich nachhaltig im Fachkräftewettbewerb behaupten will, sollte sich also insbesondere die Aufmerksamkeit dieser jungen Leute sichern. Ihre Rezeptionsgewohnheiten stellen letztendlich die Weichen für die Fachkräftesuche von morgen.

Der omnipräsente Wettbewerb um Aufmerksamkeit

Egal, ob Elektrotechniker, Glasereien, Kitas oder Pfleger – sie alle versuchen neuerdings mit kreativen Stellenanzeigen – manche sind sogar aufwändig als Fährplane oder Infografiken gestaltet – neue Fachkräfte zu gewinnen. Manche Firmen riskieren hierbei sogar ihren Ruf, indem sie unter anderem Nachteile ihres Berufs aufzählen oder in ihren Anzeigen offiziell nach „unmotivierten Taugenichtsen“ suchen. Während andere Unternehmen nach wie vor klassisch mit allerlei Benefits und Versprechen um neue Fachkräfte werben, stechen die kreativeren Botschaften – insbesondere die authentischen und humorvollen – dennoch aus der Masse hervor. Womöglich gehen diese im besonderen Maße auf das Bedürfnis nach Erlebnis und Spaß des jungen Nachwuchses ein. So haben wir bei SPECTRUM beispielsweise zum 01. April dieses Jahres eine Stellenanzeige veröffentlicht, in der wir nach einem „Python-Bändiger“ Ausschau hielten – und das mit großem Erfolg. Die offene Stelle wurde im Handumdrehen besetzt.

Mehr dazu in unserem Interview.

Auch wenn laut Armin Trost, HR-Professor und Psychologe, ungewöhnliche Stellenanzeigen mittlerweile ein absolutes „Muss“ seien, ist dennoch Vorsicht geboten. Schließlich ist Vieles davon letztendlich Geschmackssache. Ebenso gilt, was bereits der berühmte Arzt Paracelsus formuliert hat:

Die Dosis macht das Gift
Paracelsus

"We", "are", "hiring" auf Kärtchen geschrieben und auf einer Wäscheleine aufgehängt.

Menschen richten ihre Aufmerksamkeit gerne auf etwas, das sie zumindest für einen kurzen Moment aus ihrem Alltag entkommen lässt. Dieses Ziel müssen auch Stellenanzeigen anstreben, um nicht der allgemeinen „Werbeblindheit“ vieler spätmoderner Medienrezipienten zum Opfer zu fallen. Um die jeweilige Zielgruppe effektiv zu erreichen, muss daher in der Anzeige in erster Linie ein persönlicher Bezug bzw. eine Relevanz für diese hergestellt werden. Eine optimale Stellenanzeige kann darüber hinaus einen Großteil folgender Bedingungen vorweisen:

✔ Angemessenes Format
✔ Außergewöhnliche Inhalte
✔ Authentizität
✔ Humor
✔ Infotainment
✔ Interaktivität
✔ Überraschungseffekte
✔ Visuelle Elemente

Wenn die vermittelte Botschaft in der Jobanzeige eine gelungene Ablenkung vom Alltag darstellt, wird diese von den Rezipienten sicherlich besser abgespeichert und häufiger geteilt, was zu einer potenziell hohen Viralität derselbigen führen kann. Ein weiterer positiver Nebeneffekt humorvoller Anzeigen: Nahezu jede Fachkraft bevorzugt Unternehmen, in denen häufig gelacht wird.

Das erweiterte AIDA-Modell für Stellenanzeigen

Der Fachkräftesucher muss seiner Zielgruppe in einer Stellenanzeige interessante Inputs liefern, um von potenziellen Bewerbern überhaupt wahrgenommen zu werden. In diesem Zusammenhang kann das auf den Werbe-Strategen Elias St. Elmo Lewis zurückgehende „AIDA-Modell“ helfen. Eine Stellenanzeige hat demnach 4 Aufgaben:

  • Aufmerksamkeit generieren
  • Interesse am Job wecken
  • Desire zur Mitarbeit anregen
  • Action zur Bewerbung motivieren

Hierfür ist es jedoch unabdingbar, dass die Stellenanzeige auf den für die jeweilige Zielgruppe richtigen Plattformen geschaltet wird und die Botschaft konkret formuliert worden ist. Werden in einer Anzeige zum Beispiel „Gurus“, „Ninjas“ oder „Rockstars“ gesucht, so wirken diese Ausdrucksweisen wohl eher befremdlich, als dass sie zukünftige Fachkräfte anlocken. Ferner kann es helfen, die eigenen Mitarbeiter zu befragen, was sie an ihrer Unternehmenskultur am meisten schätzen, und deren Inputs in die Stellenanzeigen miteinzubauen. Schließlich sind glückliche Mitarbeiter das überzeugendste Aushängeschild einer Firma.

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