Man sieht sie meistens nicht und doch sind sie da: Behinderungen. Noch immer hindern zahlreiche Barrieren auch im Internet Menschen mit Einschränkungen an der aktiven Teilhabe. Denn trotz bester Vorsätze in Sachen Inklusion mangelt es in vielen deutschen Unternehmen an Bereitschaft und Einsicht, ihren Web-Auftritt barrierefreier zu gestalten. Dabei wäre das eine dreifache Win-win-Situation.
Beim Thema Barrierefreiheit klaffen Eigenwahrnehmung und Realität oft weit auseinander. Denn obwohl viele Unternehmen auch hierzulande Inklusion in großen Buchstaben auf ihre Fahnen schreiben, gibt es bei der Gestaltung barrierefreier Web-Auftritte meistens noch erhebliche Mängel. Das ist schade. Schließlich bietet das World Wide Web immense Chancen für Menschen mit Einschränkungen – spielt es doch gerade im Bewerbungsprozess und Berufsleben eine so bedeutsame Rolle. In Sachen Web-Design muss also Inklusion neu gedacht werden. Nachfolgend 3 Tipps für mehr Barrierefreiheit im Internet.
Tipp 1: Die Grundprinzipien der Web-Accessibility
Leider stellen nicht nur E-Mails und Online-Tools, sondern auch etliche Websites ein Hindernis für Internet-User mit besonderen Bedürfnissen dar. So können beispielsweise assistierende Technologien wie Braille-Zeilen (Ausgabegeräte) oder Screenreader viele Web-Auftritte nicht richtig auswerten. Ein Versäumnis. Immerhin gibt es sogenannte „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAB), ein weltweiter Standard zur barrierefreien Gestaltung von Bildern, Formularen, Texten, Tonspuren und Videos im Internet.
Diese Richtlinien legen fest, dass eine barrierefreie Website bedienbar, robust, wahrnehmbar und verständlich sein müsse. An diesen Grundprinzipien orientiert sich auch die deutsche Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) – jedoch für öffentlich-zugängliche Web-Angebote des Bundes. Die Privatwirtschaft interessiert das bisher wenig.
Vortrag “Die Zukunft der Weiterbildung” am 2. Juni auf dem LEARNTEC Kongress 2022
Web-Inhalte barrierefrei zu gestalten, ist vielleicht etwas aufwändig, doch es lohnt sich. Richtet man seine Maßnahmen für eine bessere Barrierefreiheit von Websites auf möglichst viele Zielgruppen aus, so führt dies zu einer dreifachen Win-win-Situation: Sie trägt zu einer besseren User Experience von beeinträchtigten Menschen bei, sie fördert die eigene Suchmaschinen-Platzierung und setzt wertvolle Impulse in Sachen Employer Branding für Jung und Alt.
Wer durch sein Web-Design noch mehr punkten möchte, beschäftigt sich schon heute mit den neusten Richtlinien für barrierefreie Web-Inhalte (WCAB 2.2). Hier zeigt sich, dass nun unter anderem die Bedienbarkeit mobiler Endgeräte zunehmend in den Fokus rückt.
Tipp 2: Barrierefreiheit ganzheitlich denken
Mehr Inklusion im Internet bedeutet, dass die Online-Erfahrung von Usern an erster Stelle steht. Wer in einen barrierefreien Online-Auftritt investieren will, sollte hierfür besonders auf eine übersichtliche Website-Struktur mit einer präzisen Menü-Führung (mit maximal 7 Menü-Punkten) achten. Im Netz gibt es etliche Werkzeuge zur Überprüfung von Websites auf ihre Accessibility. Nachfolgend eine kurze Checkliste für barrierefreie Web-Auftritte:
- Alternativ-Texte für Bilder und Links
- Audiodeskriptionen für Audio-Inhalte
- Bedienbarkeit per Tastatur
- Beschriftungen von Bildern und Feldern
- Klarer Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund
- Leichte Sprache
- Metadaten ausgestalten
- PDF Accessibility Checker zur PDF-Prüfung
- Skalierbare Schriftgrößen
- Tabellen weglassen
- Untertitel für Video-Inhalte
Tipp 3: Barrierearme Websites als Minimalziel
Eine barrierefreie Website ist für alle Menschen gleichermaßen zugänglich. Neben Internet-Usern mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen zählen dazu auch Personengruppen, die im ersten Moment vielleicht nicht sofort offensichtlich sind. So zum Beispiel ältere Internetnutzer, die sogenannten „Silver Surfer“, die das World Wide Web nun immer mehr für sich entdecken.
Barrieren treten letztendlich in unterschiedlichster Façon auf. So gibt es nicht nur akustische, optische, motorische oder technische Gründe, warum ein Nutzer eine Website nicht optimal bedienen kann, sondern besonders auch Gründe, die für Außenstehende nicht sichtbar sind. Dazu zählen unter anderem Krankheiten wie etwa Depressionen oder Epilepsie.

Barrieren für Menschen mit Beeinträchtigungen befinden sich nahezu überall – ebenso im World Wide Web. Somit ist es eine Herkulesaufgabe, bei Web-Inhalten eine „absolute Barrierefreiheit“ für alle Menschen zu gewährleisten. Das Minimalziel von Unternehmen sollte es daher sein, Websites zumindest so barrierearm wie möglich zu gestalten. Sie sind zwar nicht dazu verpflichtet, doch eine hohe Usability von Web-Auftritten ist dennoch für das eigene Image überaus förderlich. Dies zeigt, dass Arbeitgeber vollumfänglich die Potenziale der Digitalisierung nutzen. Darüber hinaus sollten Firmen, die bereits erfolgreiche Maßnahmen für mehr Online-Inklusion eingeführt haben, bei anderen Betrieben Aufklärungsarbeit leisten. Schließlich scheint das Thema Barrierefreiheit im Internet viele Vorstandsetagen noch nicht erreicht zu haben.
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